Heimat- und Traditionsverein Hallbergmoos

Wir führen Heimat, Tradition und Gegenwart zusammen

Dass der Tauschhandel noch nicht sehr lange zurückliegt, belegen die Brotmarken des Backhauses Franz Weiss. So war es früher üblich, nach der Ernte einen Teil des Getreides zum Bäcker Weiss zu bringen. Dort wurde es in einer Garage gestapelt und wöchentlich vom Müller abgeholt. Dazu waren die Getreidesäcke gekennzeichnet, damit festgestellt werden konnte, welcher Bauer wie viel an Getreide geliefert hatte.

Der Tausch sah dazu folgendermaßen aus: Entweder erhielt der Bauer für die Hälfte des angelieferten Gewichts an Getreide Brot oder er musste beim Tausch von 1:1 von Getreide in Brot noch einen geringen Backlohn – erinnerlich sind 20 Pfennig pro Kilogramm zahlen. Bis vor ungefähr 40 Jahren wurde dazu die Getreidemenge in ein einfaches Notizheft eingetragen, ebenso wie die erhaltenen Brotmengen. Diese Hefte wurden für die Mehrzahl der an diesem Tauschgeschäft beteiligten vermutlich 40 Bauern in einem Karteikasten in der Bäckerei aufbewahrt. Einige Bauern hatten allerdings im Rahmen der doppelten Buchführung noch zusätzlich ein eigenes Heft.

Für Franzheimer und Mariabrunner Bauern lieferte Franz Weiss senior mit seinem VW-Bus noch Montag- und Donnerstagnachmittag und für Achering und die Brandau noch Dienstag- und Freitagnachmittag das Brot aus. Waren die Bauern auf dem Feld, wurde die Lieferung ans Fenster gehängt. Jeweils im Spätherbst folgte abends beim Bäcker die Abrechnung des gelieferten Mehls mit dem bezogenen Brot. Eine abendfüllende Veranstaltung mit Brotzeit und Rechenaufgaben, wie sich Franz Weiss junior erinnert.

Brotmarken des Backhauses Weiss

Die Abbildung zeigt von links nach rechts die 1 und 1 ½ Kilogramm-Brotmarke mit Loch, dazwischen die Rückseite, sowie in der unteren Reihe die 1, 1 ½ und 2 ½ Kilogramm-Brotmarke.

Erwähnenswert ist noch die Tatsache, dass Teebauern nach dem Teepreisverfall durch vermehrte Importe immer mehr in Defizite beim Tauschverfahren kamen. Diese Defizite konnte auch der Getreideanbau auf diesen nicht besonders ertragreichen ehemaligen Teeflächen ausgleichen. Erst nach den Grundverkäufen an die Flughafengesellschaft wurden die Defizite großzügig beglichen.

Aus Vereinfachungsgründen wurde Mitte der sechziger Jahre das Brotmarkenverfahren eingeführt. Dazu ließ Franz Weiss senior Messingmarken prägen, die damals ca DM 800 kosteten. Es wurden Brotmarken für 1, 1 ½ und 2 ½ Kilogramm geprägt und aus Kostengründen wurde für Semmeln in die 1 und 1 ½ Kilogramm-Marke ein Loch gestanzt. Für die Lochmarken erhielt man dann 10 und 15 Semmeln.

Nach diesem Verfahren erhielt der Bauer für sein Getreide die entsprechende Anzahl Marken. Damit entfiel das ständige Einschreiben ins Notizheft sowie die jährliche zeitraubende Abrechnung.

Im Laufe der Zeit nahm durch das Höfesterben und die Umstellung vieler Betriebe dieses Tauschverfahren immer mehr ab, bis vor ungefähr 7 Jahren ein Austragsbauer als Letzter dieses Tauschverfahren einstellte. Derzeit praktiziert noch ein Kunde dieses Verfahren in abgewandelter Form. Er kauft das Mehl und erhält dafür Brotmarken zum Einlösen.

Mein Dank gilt Franz Weiss jun., der sowohl die abgebildeten Brotmarken zur Verfügung stellte als auch als wesentliche Informationsquelle diente.

 

Karl-Heinz Zenker

Hallbergmoos, im November 2006

 

 

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